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  • Bettina

Paraguay - eine Reise wert?


Wenn man es erst einmal bis zu den Wasserfällen von Iguazú geschafft hat, ist es nach Paraguay nur noch ein Katzensprung. Warum also nicht mal reinschnuppern in das Land, von dem du vielleicht nicht einmal wusstest, wo es liegt bzw. was man dort unternehmen kann.

So viel vorweg: Ich hatte mehr geplant, als ich letzten Endes tat. Aber fangen wir vorne an.

Ich stehe vor der Brücke im brasilianischen Foz do Iguaçu, die mich nun also zurück auf spanischsprachigen Boden bringt. Einen Ausreisestempel für Brasilien brauche ich nicht, denn einen Einreisestempel habe ich, von der argentinischen Seite der Wasserfälle kommend, auch nicht erhalten. Dies scheint hier am Dreiländereck so korrekt zu sein.

Schon auf dieser Brücke ist jede Menge los. Brasilianer und Argentinier freuen sich auf Schnäppchen bei Elektroartikeln und ströhmen nach Ciudad del Este. Auf der anderen Seite bekomme ich den Stempel der Migración von Paraguay und dann fängt das Getummel erst richtig an.

Ohne einen Guaraní in der Tasche und ohne einen funktionierenden Geldautomaten, dazu Temperaturen, die an der 40-Grad-Marke kratzen, marschiere ich Richtung Hostel. Davon gibt es zwei in der ganzen Stadt. Paraguay rechnet nicht wirklich mit Backpackern. Eine Reservierung habe ich nicht. Ich hoffe einfach unterzukommen.

"Si si, hay lugar!", sagt man mir im Hostel. Wenigstens etwas, Platz ist ausreichend vorhanden. Von neun Betten im Dorm bleiben sechs leer. Welch eine Wohltat, die beiden Rucksäcke loszuwerden nach etwa 5 Kilometern durch die Stadt.

Colonia Independencia

Der Plan war, den Berg Cerro Tres Kandú zu besteigen. Hierfür wollte ich nach Villarrica und dann am nächsten Tag von Garay loswandern. Ich merke ganz schnell, dass Pläne zwar nett, aber in Paraguay nicht ganz so einfach umzusetzen sind. Unterkünfte in Villarrica sind mir zu teuer und auf Couchsurfing reagiert niemand. Ich beschließe daher Richtung Colonia Independencia, genauer nach Malgarejo, zu fahren. Hier soll es Wasserfälle geben, schöne Aussichten von den Bergen und viele deutschstämmige Aussiedler.

Am Busbahnhof in Ciudad del Este fahre ich für 40.000 Guaraní (etwa 5,80 €) Richtung Villarrica und steige unterwegs an einer Abzweigung aus. "Warte hier am Bushäuschen! Irgendwann kommt ein Bus in deine Richtung vorbei.", sichert man mir zu. Ein Vater mit Sohn sitzen bereits dort und schlürfen Ihren Tereré, eine kalte Version des in Argentinien so beliebten Mate. Sie erzählen mir, sie würden hier auf einen Transporter warten, um bestellte Waren entgegenzunehmen. Sie könnten mich gerne mitnehmen, so das Angebot. Ich werde in die Tereré-Runden mit aufgenommen und letzten Endes bis vor meine Unterkunft in Malgarejo gebracht. Geht es eigentlich besser?

Bis zum Wasserfall Salto Suizo sind es von hier etwa 8 Kilometer. In meiner Unterkunft bietet man mir am nächsten Morgen für die Tour ein Fahrrad an. Ich entscheide mich aber für eine Wanderung. Nach wenigen Minuten nimmt mich schon ein Motorrad mit. Den zweiten Ride gibt mir eine nette Familie, die in ihrem Van auch für mich noch Platz hat.

Insgesamt bin ich nicht mehr als 3 Kilometer selbst gegangen. Stoppen musste ich die Fahrer hierfür nicht. Paraguayer halten immer wieder selbst an und fragen nach, ob sie mich ein Stück mitnehmen sollen. So ein freundliches Volk habe ich nur selten erlebt.

Am Wasserfall angekommen staune ich über mehr Menschen mit blonden Haaren und blauen Augen, als typische Latinos. Ich spreche sie an, als ich höre, dass sie sich in einem Deutsch-Englisch-Spanisch-Misch-Masch unterhalten. Sie seien Mennoniten und würden in einer Kolonie im Norden des Landes leben, seit vielen Generationen und nach wie vor untereinander Deutsch sprechen und unterrichten. Englisch und Spanisch sei eine Art Zweitsprache, weil sie die Stastsbürgerschaften Kanadas und Paraguays besäßen. Guaraní, die Sprache, die neben Spanisch hier Amtssprache ist, müssten sie nicht lernen. Es würde auch keinen Sinn machen, aber ein paar Brocken könnten sie schon.

Sie bleiben unter sich, so scheint es. "Wir sind auch ganz anders als die!", erklären sie mir. "Das steckt einfach in uns drin. Paraguayer wollen nicht verstehen, was wir richtig machen und wir können nicht verstehen, wie sie ihr Leben leben." Same same, but different? Wie ist das in Deutschland mit Völkern, die sich nicht integrieren?

Der Rückweg verläuft jedenfalls nicht ganz so glücklich. In der prallen Hitze gehe ich diesmal etwa 7 der 8 Kilometer zu Fuß, bevor endlich das erste Auto vorbeikommt und mich selbstverständlich mitnimmt.

Asunción - die Hauptstadt

In meiner Unterkunft in Malgarejo sind zwei LKW-Fahrer aus der Hauptstadt. "Wir nehmen dich morgen früh mit, wenn du willst! In Villarrica müssen wir noch kurz ein paar Kunden beliefern, aber wenn dich die Warterei nicht stört, kannst du mitfahren!", bieten sie mir an. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen.

Dann komme ich also an in Asunción. Laufe vorbei an der Plaza und frage mich, ob ich schon jemals eine hässlichere gesehen habe. Laufe vorbei an einem Viertel aus einfachen Zelten und Bretterverschlägen, mitten in der Stadt.

Laufe vorbei an Polizisten mit Maschinengewehren. Laufe vorbei an verlassenen Häusern und leerstehenden Läden.

Auf der Suche nach irgendetwas Sehenswertem in dieser Stadt bin ich immer wieder erschrocken über so viel Gegensatz zu dem, was ich in den letzten Tagen hatte: viel Grün, Herzlichkeit und absolute Stille und Weite. Hier wirkt Vieles trüb und grau. Die Museen sind am Wochenende geschlossen. Irgendwie weiß ich gar nicht so recht, was ich hier tun soll.

Die Stimmung im Hostel ist gut, wir grillen zusammen, gehen aus, sitzen im Garten und frühstücken gemeinsam. Auch wenn das wie immer ist, stelle ich fest, dass Paraguay einfach speziell ist.

"Wisst ihr, was es mit dieser Zeltstadt auf sich hat?", will ich wissen. Ich erfahre, dass indigene Paraguayer hier ihr Lager aufgebaut haben. Sie wurden von Brasilianern von ihrem Land vertrieben. "Die sind aber auch zufrieden mit diesen Umständen, wollen nicht arbeiten und erhalten finanzielle Unterstützung von der Regierung.", erzählt man mir. Ich bin einerseits erschüttert, höre aber einen klaren Unterton von den Einheimischen heraus.

Zurück nach Brasilien!

Es ist Sonntag, als ich an der Straße stehe und auf den Bus warte, der zum Busterminal von Asunción fährt. Ein Auto hält an und fragt, wohin ich möchte. "Heute fahren nicht viele Busse. Du wartest hier noch Ewigkeiten, aber ich kann dich zum Terminal bringen!", lautet sein Angebot. Ich werfe meine Sachen auf die Rückbank und steige ein. "Magst du Tereré?", will er wissen und streckt mir das Metallgefäß entgegen. "Klar! Genau das Richtige bei der Hitze!" Ob er tatsächlich in die Richtung muss, weiß ich nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass er einfach nur gastfreundlich sein will. Am Busterminal erklärt er mir, wie viel ich maximal zu zahlen hätte, wo ich das Ticket kaufen soll und dass ich meine Rucksäcke solange im Auto lassen könne. "Ich nehme sie lieber mit. Ich kenne dich ja erst seit 10 Minuten. Verstehst du?", entgegne ich ihm mit einem freundlichen Lächeln. "Auch kein Problem, das kann ich verstehen. Aber geb' mir ein Zeichen, dass du noch ein Ticket bekommen hast. Ich warte hier solange.", bittet er mich. Ich winke ihm mit meinem Ticket in der Hand zu, er hebt seinen Daumen nach oben und fährt winkend davon.

Mein Plan ist es nun, zur Laguna Blanca weiterzureisen. Das Ticket nach Santa Rosa kostet hierfür 60.000 Guaraní (etwa 8,70 €). Als ich in Santa Rosa ankomme merke ich jedoch schnell, in welchem Nest ich hier festsitze. Hostels sind nicht vorhanden, Hotels für meinen Geschmack zu teuer und öffentliche Verkehrsmittel zum See gibt es nicht. Laufen? Zu weit. Taxi? Zu teuer alleine. Andere Backpacker? Nicht vorhanden.

Und so steige ich in den nächsten Bus Richtung Grenze nach Brasilien. "Du kannst für 40.000 Guaraní mit zur Abzweigung nach Bella Vista fahren und da auf den nächsten Bus warten.", erklärt man mir. Im Bus unterhalte ich mich mit einem Paraguayer. Es geht schon auf 18:00 Uhr zu und wir sind noch immer nicht an der besagten Kreuzung. "Heute ist Sonntag! Und es ist schon spät.", faselt er vor sich hin. Ob es überhaupt noch einen Bus gäbe, will ich wissen. Er zuckt die Schultern, aber seinen Blick deute ich eher verneinend. Die ganze Zeit habe ich schon im Kopf, ob das eine so gute Idee ist. Am Ende stehe ich in der Dunkelheit auf der Straße und kein Fahrzeug fährt mehr vorbei. Ich fahre lieber mit zur Endstation, eine andere Grenzstadt, aber etwas östlicher. In Pedro Juan Caballero angekommen erwarte ich, dass ich noch einmal zur Kasse gebeten werde für die längere Fahrt. Aber nichts passiert. Zwei Jungs fragen mich, ob sie mich zu einem Hotel bringen sollen. Auch wenn ich am Ende dort nicht bleibe, bin ich einmal mehr begeistert über ein so fürsorgliches und uneigennütziges Volk. Alleine dafür hat sich Paraguay gelohnt.

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